Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Kurze Geschichte des Botanischen Gartens Halle

Botanische Gärten sind der Anlage nach zweckgebundene Gärten. Das bedeutet, sie definieren sich über ihre Aufgaben, die eng mit der Wissenschaft und Forschung sowie der Ausbildung von Studenten verbunden sind. Der Botanische Garten in Halle wurde 1698 als erster 'hortus medicus' Preußens gegründet. Kurfürst Friedrich III. schenkte der vier Jahre vorher gegründeten halleschen Universität einen Teil des kurfürstlichen Kräutergartens zur Kultur von Medizinalpflanzen, die mit den zugehörigen 'Demonstrationen' (Vorlesungen und Übungen) einen wichtigen Teil der Ausbildung von Studenten der Medizin darstellten. Der Medizinalpflanzengarten befand sich auf dem Gebiet der heutigen Systemanlage. In den ersten neunzig Jahren war der Garten den Annalen nach nicht sehr erfolgreich; er war durch ständige Geldnot und personelle Probleme gekennzeichnet. Auch das Direktorat von Johann Reinhold Forster, bekannt durch die gemeinsame Weltumseglung mit James Cook und seine weitreichenden Beziehungen konnten diese Probleme nicht verringern. Zu dieser Zeit begann auch ein tiefgreifender Strukturwandel. Der fast ausschließliche Anbau offizineller Pflanzen im 'hortus medicus' wich einer zunehmenden Pflanzenvielfalt aus verschiedenen Teilen der Erde. Dies alles führte dazu, dass Strukturen des ursprünglichen halleschen 'hortus medicus' nicht erhalten werden konnten.

Universitätssternwarte 1788

Universitätssternwarte 1788

Universitätssternwarte 1788

Eine erste Blütezeit erlebte der Botanische Garten, als es 1787 dem Kanzler der Universität Karl Christoph von Hoffmann (1735-1801) gelang, den damals am Stadtrand von Halle gelegenen Garten auf seine heutige Größe zu erweitern. Von Hoffmann, der auch schon an seinem Wohnort Schloss Dieskau einen großen Landschaftspark angelegt hatte, gestaltete den Botanischen Garten selbst. Zeitgenossen rühmen die Gartenanlagen von Hoffmanns. Er verband parktypische Gestaltungsprinzipien, z. B. die Pappelallee, die vom Eingang zum von C. G. Langhans erbauten Observatorium führte, mit den Bedürfnissen der Wissenschaft in harmonischer Weise. Um 1800 wurden im Botanischen Garten bereits 3000 verschiedene Pflanzenarten kultiviert. Die publizistische Tätigkeit der Direktoren K. Sprengel und D. F. L. v. Schlechtendal führte den Garten zu einer weltweiten Bedeutung, die sich auch im ständig wachsendem Pflanzenbestand äußerte. Aus dieser Zeit sind noch einige gestalterische Spuren im Botanischen Garten zu finden. Dazu zählt z. B. der Eingangsbereich, die Abgrenzung der Systemanlage, ein unter Eiben verborgener Hügel östlich der Flur der annuellen Pflanzen und verschiedene Wegführungen. Die bestimmende Kastanienallee vom Eingang zum Observatorium ist im Laufe der Umgestaltungen aufgelöst worden.

Sternwarte mit Tropenhaus und Alpinum

Sternwarte mit Tropenhaus und Alpinum

Sternwarte mit Tropenhaus und Alpinum

Im ausgehenden 19. Jahrhundert erführ der Botanische Garten einen größeren Nutzungswandel. Die zunehmende Bedeutung der Mikroskopie und der physiologischen Forschung bewirkte einen gewissen Rückgang der Bedeutung des Gartens für die Forschung. Trotzdem wurde der Garten weiterhin ausgebaut, umgestaltet und sehr stark für die Ausbildung der Studenten eingesetzt. Letztere setzten sich zu dieser Zeit weniger aus Medizinstudenten zusammen als aus Studenten der Biologie und der Landwirtschaft. Vor allem für die Kultur tropischer Pflanzen wurden zahlreiche Gewächshäuser gebaut. Mit diesen gravierenden Veränderungen in der Nutzung gingen auch deutliche Umgestaltungen im Park einher. Um 1900 waren zwar noch Teile der zentralen Kastanienallee vorhanden, aber die ursprünglich geometrisch gestalteten Flächen zur systematischen Kultur von Pflanzen für die Forschung und Lehre wurden allmählich aufgelöst bzw. zu landschaftsparkartigen Elementen umgewandelt. Auf dem Gartenplan von 1925 ist schließlich auch die zentrale Achse des Gartens verschwunden. Sehr viele Elemente aus dieser Zeit sind aber bis heute erhalten geblieben. Zum Beispiel sind zahlreiche der heute vorhandenen Hauptwege schon Ende des 19. Jahrhunderts angelegt worden. Auch das Grosse Tropenhaus, das Victoria-Haus und die meisten anderen Schaugewächshäuser sind zumindest ihrer Lage nach in dieser Zeit entstanden. Die von Karl Christoph von Hoffmann für verschiedene Teile des Gartens vorgesehene Gestaltung als landschaftsnaher Park wurde auf das gesamte Gelände des Botanischen Gartens ausgedehnt.

Arboretum im Herbst

Arboretum im Herbst

Arboretum im Herbst

Eine erneute starke Einbindung des Gartens in die Forschung des Botanischen Institutes erfuhr der Garten vor dem 2. Weltkrieg und in den daran anschließenden Jahrzehnten. Einen Schwerpunkt der Forschung bildete die vergleichende Untersuchung der Morphologie der Pflanzen, die ab Mitte des 20. Jahrhunderts immer mehr in einen ökologischen Kontext gebracht wurde. Für diese Studien waren große Mengen verschiedener Pflanzenarten notwendig, die vor allem im neu gestalteten System kultiviert wurden. Das gesteigerte Interesse an Pflanzen spiegelte sich nicht nur in der universitären Lehre wider, sondern auch in der Stadt Halle und ihrem Umfeld. 1971 wurde die Botanik-Schule gegründet, die es Schülern bis heute ermöglicht, direkt am pflanzlichen Objekt Botanik zu erlernen.
Heute stellt sich der Botanische Garten seinen Besuchern als ein Landschaftspark dar, der in sich kohärent zwei gestalterischen Linien folgt: die Anordnung der Pflanzen nach ökologisch-geographischen Gesichtspunkten sowie nach systematischen Prinzipien. Beispiele für das zuerst genannte Prinzip befinden sich schon am Eingang des Botanischen Gartens, wo Pflanzen aus zwei kontrastierenden klimatischen Gebieten nebeneinander kultiviert werden. Sehr früh im Jahr entwickeln sich die Pflanzen aus den sommertrockenen mittelasiatischen Gebieten, während auf der anderen Seite Pflanzen der Sommerregengebiete erst im Hochsommer oder später zur Blüte gelangen. Auch das Alpinum und die Schaugewächshäuser sind nach diesen Gesichtspunkten bepflanzt. Nach verwandtschaftlichen Grundsätzen sind die Pflanzen nur in der Systemanlage und in großen Teilen des Arboretums angeordnet. An den Aufgaben des Botanischen Gartens hat sich seit seiner Gründung prinzipiell nichts geändert. Pflanzen werden für die Forschung und Lehre kultiviert, wobei natürlich immer nur ein kleiner Teil der etwa 12.000 Arten aktuelles Thema einer Untersuchung ist. Neu hinzugekommen ist die Erhaltung seltener Pflanzen, die sonst an ihren natürlichen Standorten aussterben würden. Für die Bewohner Halles und ihrer Gäste ist der Botanische Garten seit seiner Erweiterung 1787 ein besonderer Anziehungspunkt im Stadtzentrum und lädt zum Spazieren, Erholen und zur botanischen Weiterbildung ein.

Systemanlage

Systemanlage

Systemanlage

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