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seit Oktober 2012

Thema: Verwendbarkeit nukleärer single-copy Gene für phylogenetische Untersuchungen der grasähnlichen Familien aus der Ordnung Poales. Betreuer : Prof. Martin Röser

Die überwiegend windbestäubte Ordnung Poales umfasst mit ca. 20.000 Arten mehr als ein Drittel aller Monokotyledonen (Einkeimblättrigen) und dominiert viele Vegetationstypen weltweit. Die Gräser, Seggen und ihre Verwandten entstanden vermutlich gegen Ende Kreidezeit vor mehr als 65 Millionen Jahren in feuchten, nährstoffarmen, sonnigen Habitaten Südamerikas.

Die Ordnung gliedert sich in drei basale Familien (Rapateaceae, Typhaceae und Bromeliaceae) und vier Großgruppen:

1. graminids (Poaceae, Ecdeiocoleaceae, Joinvilleaceae und Flagellariaceae)

2. restiids (Restionaceae,Centrolepidaceae und Anarthriaceae)

3. xyrids (Mayacaceae, Eriocaulaceae und Xyridaceae)

4. cyperids (Cyperaceae, Juncaceae und Thurniaceae).

Viele dieser Gruppen sind dominant in ihren repräsentativen Habitaten, wie beispielsweise die Gräser in Savannen und Steppen, die Sauergräser in feuchteren Graslandschaften und die Bromeliengewächse in Teilen des tropischen Südamerika. Rezente Familien der Poales kommen in nahezu allen nicht-marinen Gebieten, vom Äquator zu den Polen, von Schwimmpflanzen bis hin zu extremen Wüstenpflanzen und auf den meisten (wenn nicht sogar allen) Bodentypen vor. Die grasartigen Familien haben umfassende ökologische Funktionen und sind auch in hohem Maß von wirtschaftlicher Bedeutung.

Die wichtigste Rolle spielen dabei die Gräser bei der Ernährung von Mensch und Tier. Diese wird vorrangig durch Getreide (z.B. Reis, Weizen und Mais) gewährleistet, deren stärkehaltigen Früchte (Karyopsen) eine direkte Kohlenhydratquelle liefern. Durch Frischfutter, Heu, Getreidekörner, Silage und Kleie wird zudem die Nahrungsgrundlage der Nutztiere gesichert.

Die Familie Poaceae bildet mit über 10.000 Arten in 600-700 Gattungen eine der größten Gruppen der Samenpflanzen überhaupt. Die Gräser sind neben den drei basalen Unterfamilien Anomochlooideae, Pharoideae und Puelioideae in zwei Großgruppen gegliedert:

1. BEP-Clade (Bambusoideae, Ehrhartoideae und Pooideae)

2. PACMAD-Clade (Panicoideae, Arundinoideae, Chloridoideae, Micrairoideae, Aristidoideae und Danthonioideae).

Angesichts der enormen Größe dieser Verwandtschaftsgruppen ist es nicht verwunderlich, dass Fragen der molekularen Evolution bisher nur bei einer limitierten Zahl von Gattungen untersucht worden sind und gegenüber den traditionell morphologisch ausgerichteten Studien in den Hintergrund treten. Den aufgrund züchterischen Aspekten intensiv betriebenen molekularen Forschungen an Kultur- Gräsern (vgl. die Reis- und Weizen-Genomprojekte) steht der deutlich geringere Kenntnisstand im Bereich der Wild-Gräser und verwandten Familien gegenüber. Diese bieten ihrerseits jedoch einen äußerst wichtigen genetischen Pool (beispielsweise Stresstoleranzen, Schädlings- und Krankheitsresistenzen) für die angewandten Arbeitsrichtungen („grüne Gentechnik“, Entwicklungshilfe, nachhaltige und biologische Landwirtschaft). Molekularbiologische Arbeiten haben eine wesentliche Bedeutung für die Forschung an grasähnlichen Familien und Wildgräsern, ihren biologischen Eigenschaften, sowie die Untersuchung phylogenetischer Differenzierungsvorgänge (z.B. Polyploidisierung, Hybridisierung, Introgression). Das Einbringen genetischer Ressourcen der Wild-Gräser und eventuell auch nahverwandter Arten der Poales-Familien in die Züchtung moderner Elitesorten kann zur Ernährungssicherung der stetig wachsenden Weltbevölkerung beitragen.

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